Texte

Gute Typografie ist übersichtlich, geordnet und schön; schlechte ist unübersichtlich, unordentlich und sieht häßlich aus.

Jan Tschichold, 1949.

Quelle: Thesen zur Typografie. Aussagen zur Typografie im 20. Jahrhundert. Eschborn: Linotype GmbH, 1986. S. 51.




Die Freiheit des Entwerfers liegt nicht am Rand seiner Aufgabe, sondern in deren Mittelpunkt.

Die Typographie ist nicht eine Kunst, obwohl sie im Dienst einer Aufgabe steht, sondern gerade deswegen. Die Freiheit des Entwerfers liegt nicht am Rand seiner Aufgabe, sondern in deren Mittelpunkt. Erst dann ist der Typograph frei, etwas Künstlerisches zu Ieisten, wenn er seine Aufgabe in allen ihren Teilen versteht und denkt. Und jede auf dieser Grundlage gefundene Lösung wird eine integrale sein, wird eine Einheit von Sprache und Schrift, von Inhalt und Form bilden.

Karl Gerstner, 1964.

Quelle: Programme entwerfen: statt Lösungen für Aufgaben Programme für Lösungen. 3. Ausgabe. Baden: Lars Müller, 2007. S. 58.




Er ist am wirtschaftlichsten zu setzen und am mühelosesten zu lesen.

Unsere gewohnte Satzart, der Blocksatz, präziser gesagt: der ausgeschlossene Satz, bei dem alle Zeilen gleich lang, dafür aber die Wortabstände unterschiedlich groß sind, ist durch fünf Jahrhunderte Lesegewohnheit zur Norm geworden. Er ist am wirtschaftlichsten zu setzen und am mühelosesten zu lesen. Dennoch taugt er nicht immer, vor allem nicht bei kürzeren Zeilen.

Hans Peter Willberg, 1997.

Quelle: Lesetypografie. 5. Auflage. Mainz: Verlag Hermann Schmidt, 2010. S. 90.




[…] Daher sind Grenzen, wie die Forderung nach ›Einheit‹ der Schrift, zulässige und ›verbotene‹ Schriftmischungen, nicht gezogen.

Eine Befreiung von historischen Handschellen bringt völlige Freiheit in der Wahl der Mittel. Zur Erreichung einer typografischen Gestaltung können z. B. alle historischen und nichthistorischen Schriften, alle Arten der Flächengliederung, alle Zeilenrichtungen angewandt werden. Ziel ist allein die Gestaltung: Zweckmäßigkeit und schöpferische Ordnung der optischen Elemente. Daher sind Grenzen, wie die Forderung nach ›Einheit‹ der Schrift, zulässige und ›verbotene‹ Schriftmischungen, nicht gezogen.

Jan Tschichold, 1930.

Quelle: Eine Stunde Druckgestaltung. Grundbegriffe der Neuen Typografie in Bildbeispielen für Setzer, Werbefachleute, Drucksachenverbraucher und Bibliofilen. Stuttgart: Akademischer Verlag Dr. Fritz Wedekind & Co., 1930. S. 7.




Die Abschnitt-Initialien können in der Grundschrift oder in einer konstrastierenden Schrift, im Grundschriftgrad, zum Beispiel halbfett, größer, mit oder ohne Einzug gesetz werden.

Die Abschnitt-Initialien können in der Grundschrift oder in einer konstrastierenden Schrift, im Grundschriftgrad, zum Beispiel halbfett, größer, mit oder ohne Einzug gesetz werden. Sie müssen deutlich sein, dürfen aber nicht dominieren und nicht den Eindruck von Kapitelinitialien erwecken.

Hans Peter Willberg, 1997.

Quelle: Lesetypografie. 5. Auflage. Mainz: Verlag Hermann Schmidt, 2010. S. 129.




Bilder führen kein Eigenleben, sie nehmen Bezug zur Nachbarchaft, vor allem zu den Bild-Nachbarn auf der Seite.

Hans Peter Willberg, 1997.

Quelle: Lesetypografie. 5. Auflage. Mainz: Verlag Hermann Schmidt, 2010. S. 279.




Denken wir uns, um das Schriftenmischen an einem Beispiel zu illustrieren, einen Mann angetan mit einem altdeutschen Wams, römischen Sandalen, einen modernen Zylinder auf dem Kopf und in der Hand einen Regenschirm, und wir haben dasselbe lächerliche Bild, wie bei einer Drucksache, die aus einer alten Schwabacher, einer römischen Antiqua und vielleicht einer Sezessions-Grotesk gesetzt ist.

Carl Ernst Poeschel, 1904.

Quelle: Zeitgemäße Buchdruckkunst. Leipzig: Poeschel & Trepte, 1904. S. 34.




Unsere Drucktype ist keine Ausdrucksbewegung, wie es die Handschrift ist.

Eine Schrift, die diesem Zeitgefühl entspricht, müßte also exakt, präzis und unpersönlich sein. Sie müßte sich sinnvoll und ohne Umschweife als das darstellen, was sie ist. Ist sie Drucktype, so darf sie keine Schreibschrift nachahmen wollen. Unsere Druckschrift ist der maschinelle Abdruck maschinell hergestellter Metallettern, die mehr Lesezeichen sind als Schrift. Unsere Drucktype ist keine Ausdrucksbewegung, wie es die Handschrift ist; alle von links nach rechts drängende Dynamik, alles Breiter- und Schmalerwerden, das erst durch die geschnittene Rohr-oder Kielfeder in die Schrift hineingenommen ist, hat bei der Drucktype keinen Sinn. Wir müssen endlich einmal die Konsequenzen aus der Erfindung des Letterngusses ziehen. Diesen Forderungen unseres heutigen Formgefühles entspricht am ehensten das Bild der Groteskschriften, also der jüngsten Schrift der organischen, vom Künstler nicht gestörten Schriftentwicklung. Diese Groteskschriften sind die ›Natur‹, zu der wir zurückkehren müssen; sie bedeuten uns dasselbe, was dem modernen Architekten die Ingenieurbauten sind. Gelingt es uns, diesen Stoff zu bewältigen, dieser ›Natur‹ als Künstler Herr zu werden, so werden wir die Schrift unserer Zeit gefunden haben.

Paul Renner, 1927.

Quelle: Die Schrift unserer Zeit. In: Die Form. Zeitschrift für gestaltende Arbeit (Berlin), 2. Jg., 1927, Nr. 2. S. 110.




Ein wirklich gut gemachtes Buch ist nur von einer Elite als solches erkennbar.

Ein wirklich gut gemachtes Buch ist nur von einer Elite als solches erkennbar; die übergroße Mehrzahl der Leser empfindet seine exzeptionelle Qualität nur dumpf. Ein wirklich schönes Buch darf auch äußerlich ›nichts Besonderes‹, sondern soll ›nur‹ vollkommen sein.

Jan Tschichold, 1946.

Quelle: Graphik und Buchkunst. In: Typographische Monatsblätter (Bern), 13. Jg., Juli 1946, H. 7. S. 263.




Wer nicht versucht hat, zu weit zu gehen, wird nicht weit kommen.

Hans Peter Willberg, 2000.

Quelle: Typolemik / Typophilie: Streiflichter zur Typographical Correctness. Mainz: Verlag Hermann Schmidt, 2000. S. 185.




Gute Gestalter lernen die Regeln, bevor sie sie brechen.

Was wir am meisten lesen, lesen wir am besten. Selbst wenn es miserabel gesetzt ist, schlecht gestaltet und mies gedruckt. Was nicht heißen soll, dass es sich nicht lohnt, sauber zu drucken, sorgfältig zu setzen und gekonnt zu gestalten. Es heißt nur, dass gewisse Bilder sich tief ins Gedächtnis des Lesers eingraben. Daran sollten Grafiker, Setzer, Redakteure und Drucker immer denken und jeder, der sich mit Kommunikation befasst. Manchmal ist es am besten, alle Regeln zu befolgen, mitunter jedoch muss man sie brechen, um Aufmerksamkeit zu erheischen. Gute Gestalter lernen die Regeln, bevor sie sie brechen.

Erik Spiekermann, 2004.

Quelle: Über Schrift. Mainz: Verlag Hermann Schmidt Mainz, 2004. S. 39.




Blocksatz stellt den Setzer oder sein Programm oft vor die Entscheidung: zu große Wortabstände oder schlechte und häufige Trennung.

Hans Peter Willberg, 1997.

Quelle: Lesetypografie. 5. Auflage. Mainz: Verlag Hermann Schmidt, 2010. S. 90.




An der Grundschrift muß man festhalten; man darf nicht alle möglichen Schriftarten in der gleichen Arbeit verwenden.

Jan Tschichold, 1960.

Quelle: Erfreuliche Drucksachen durch gute Typographie. Eine Fibel für jedermann. Ravensburg: Otto Maier, 1960. 3. Aufl. Augsburg: MaroVerlag, 1996. S. 76.




[…] das Problem, der Antiqua zu gesteigerter Homogenität zu verhelfen, ist ernst und schwierig genug. Hier ist Arbeit für die Zukunft.

[...] das Problem, der Antiqua zu gesteigerter Homogenität zu verhelfen, ist ernst und schwierig genug. Hier ist Arbeit für die Zukunft.

Konrad Friedrich Bauer, 1927.

Quelle: Zukunft der Schrift. In: Klimschs Druckerei-Anzeiger (Frankfurt a. M.), 54. Jg., 1927, H. 56. S. 1330.




ein spiel ist ohne ordnungen nicht machbar. erst die spielregel macht das spiel. erst der, der sie beherrscht, erreicht seine freiheiten.

es gibt physische und physiologische ordnungen, ordnungen der natur, aber auch soziale und kulturelle ordnungen. eine mauer, die man schief hochzieht, fällt ein. eine schrift, die zu klein ist, kann man nicht lesen. ein spiel ist ohne ordnungen nicht machbar. erst die spielregel macht das spiel. erst der, der sie beherrscht, erreicht seine freiheiten. solche ordnungen sind nicht natur gegeben, sie sind gemacht.

Otl Aicher, 1988.

Quelle: Typographie. 3. Aufl. Lüdenscheid: Ernst & Son, 1995. S. 15.




Über Typographie lassen sich unzählige Gesetze schreiben. Das Wichtigste ist: Mach es niemals so, wie es jemand vor Dir gemacht hat. Oder man kann auch sagen: mach es stets anders, als es die anderen machen.

Kurt Schwitters, 1924.

Quelle: Wo der Buchstabe das Wort führt. Ansichten über Schrift und Typographie. Ostfildern: Hatje & Cantz, 1994. S. 99.




Marginalien, meist am äußeren Rand neben dem Satzspiegel stehend, sind ein typografisch reizvolles Mittel, ergänzende Texte zuzuordnen.

Hans Peter Willberg, 1997.

Quelle: Lesetypografie. 5. Auflage. Mainz: Verlag Hermann Schmidt, 2010. S. 162.




Ich bin davon überzeugt, daß die Typografie der nächsten Zukunft sehr gelockerte Formen suchen wird.

Ich bin davon überzeugt, daß die Typografie der nächsten Zukunft sehr gelockerte Formen suchen wird. Man wird mit Schriftmischungen und Kontrastwirkungen arbeiten und viel bewußter als heute zwischen Werkschriften und Auszeichnungsschriften unterscheiden. Man wird sich um eine kleine Auswahl gut lesbarer und möglichst neutraler Werkschriften bemühen, die überall dort zu verwenden sind, wo glatter Satz hemmungslos gelesen werden soll. Als Gegensatz zu diesen Typen wird man in Überschriften, Schlagzeilen und ganz kurzen Texten überraschende und reizvolle Auszeichnungsschriften brauchen. Diese Schriften sollen nicht mit dem kunstgewerblichen Anspruch auftreten, für jeden Zweck verwendbar zu sein. Sie sollen als typografisches Gewürz dienen und mit Vorsicht und Absicht gebraucht werden.

Josef Käufer, 1931.

Quelle: Thesen zur Typografie. Aussagen zur Typografie im 20. Jahrhundert. Eschborn: Linotype GmbH, 1986. S. 33.